Alles über innere Kraft
Teil 11
Techniken zur Entwicklung innerer Kraft

Das Basistraining
Die unersetzbare und zugleich wichtigste Methode, um innere Kraft zu kultivieren, ist Zhan Zhuang, das Standtraining, auch stilles Qi Gong genannt.
Alle höheren Trainingsmethoden können nur dann ihr volles Potenzial entwickeln, wenn man zuvor einige Zeit (mindestens ein halbes Jahr) in Ständen verbracht hat. Das stille Verweilen in den diversen Posen trainiert nicht nur die Basis jeder Kung Fu-Technik und mentale Klarheit, sondern bildet auch die Grundlage für das Training innerer Kraft.
Ist ein gutes Fundament gelegt, haben die chinesischen Kampfkünste jede Menge andere Mittel parat, um Schlagkraft und Ausdauer zu steigern.
Riesige Auswahl in Shaolin Wahnam
Während viele Schulen nur über ein oder zwei Methoden verfügen, können wir in Shaolin Wahnam in nie dagewesener Weise auf ein reichhaltiges Sortiment zurückgreifen.
Diese Methoden sind nicht nur irgendwelche Methoden, sondern das Vermächtnis großartiger Meister, wie
- die Sehnenmetamorphosen von Bodhidharma,
- Flowing force von Bai Yi Feng (dem Gründer von Wuzuquan),
- Crushing force von Yue Fei (im Xingyiquan),
- die 18 Lohan Künste des nördlichen Shaolin,
- One Finger Shooting Zen des südlichen Shaolin,
- Exploding force (Fa-Jing) von Zhang San Feng,
- Double Worshipping of the Buddha von Ng Mui,
- Triple Stretch von Hoong Hei Khoon,
- Iron Wire von Thiet Kiew Sam.
Außerdem verwenden wir noch viele andere Techniken für verschiedene Entwicklungsstufen.
Fierce Tiger Cleanses Claws ist eine sehr kraftvolle Technik,
um die Tigerkrallen zu trainieren.
Nord- und Süd-Shaolin
Im südlichen Shaolin Kung Fu ist das „force training“ oft bereits in den Sets (Abfolgen mehrerer Techniken) integriert. So ist zum Beispiel in den legendären Formen „Triple Stretch“, „Flower Set“, „Tiger-Crane 108 Pattern Set“, „Taming Tiger Set“, „Dragon Strength Chi Circulation Set“ und „Five-Animal Set“ zumindest eine „Ta Chong“-Sektion enthalten, was so viel wie „(inneres) Krafttraining am Stand“ bedeutet.
Das „Iron Wire Set“ besteht gar ausschließlich aus verschiedenen Trainingsmethoden für innere Kraft, genauer gesagt für die 12 Brücken (Bridges). Auch unser großer Schatz, „One Finger Shooting Zen“, ist ein Force-Training-Set, das vielseitige innere Kraft entwickelt.
Die Begrüßung zu Beginn der Sets aus Großmeister Ho Fatt Nams Linie, zeigt deutlich, dass innere Kultivierung einen hohen Stellenwert in seinem Training hatte.
Im nördlichen Shaolin Kung Fu müssen sich Praktizierende separater Übungen bedienen. Die 18 Lohan Künste aus dem Shaolin Qi Gong sind hier beispielsweise ein probates Mittel.
Ohne das nördliche Shaolin Kung Fu abwerten zu wollen, zeigt dies, dass das südliche Shaolin Kung Fu durchaus als Weiterentwicklung seines nördlichen Ursprungs gesehen werden kann.
Tai Chi Chuan
Auch im Tai Chi Chuan hat Zhan Zhuang einen hohen Stellenwert, insbesondere der Drei-Kreise-Stand. Dieser ist sogar so populär, dass er häufig auch Tai Chi-Stand genannt wird.
Weitere wichtige Methoden sind die sehr fließenden „Wolkenhände“ und das etwas konsolidierendere „Wasser heben“, das auch als „Tai Chi-Starting Pattern“ bekannt ist, weil es oft als eröffnende Bewegung verwendet wird. Leider ist den meisten Ausübenden nicht bewusst, welche Kraft in dieser simplen Technik steckt.
Was manchmal vergessen wird ist, dass die Ausführung von Tai Chi Chuan-Sets selbst innere Kraft entwickelt und separate Übungen nicht immer nötig sind. Speziell „Grasping Sparrow’s Tail“ aus dem Yang-Stil eignet sich wunderbar, um die nötige Kraft für die Kampfanwendung zu entwickeln.
Im Wahnam Tai Chi Chuan haben wir mit der „Black Tortoise Method“ (schwarze Schildkröten-Methode) außerdem eine sehr schöne Spielart, die für Abwechslung und tiefe Erfahrungen sorgt.
Grasping Sparrow's Tail ist eine
sehr effektive Methode für fließende, innere Kraft.
Weitere Übungen aus dem Qi Gong
Auch wer „nur“ Shaolin Qi Gong ausübt, findet in dessen Repertoire reichlich kraftvolle Übungen, um innere Kraft für Vitalität und Leistungskraft entwickeln zu können.
Die Sehnenmetamorphosen, einer der drei Künste von Bodhidharma, sind wohl die kosten-effizienteste Methode. In nur wenigen Sekunden können große Mengen Energie aufgebaut werden.
Das „kleine Universum“, sowie dessen Vorstufen wie „Abdominal Breathing“, sind ebenfalls sehr effektive Techniken einen kraftvollen Energiefluss zu generieren und Energiereserven in den Dantians (Energiezentren) und Nebenmeridianen anzusammeln.
Aber auch relative „Anfängerübungen“ können von Fortgeschrittenen sehr kraftvoll eingesetzte werden. Die „18 Lohan Hände“, die wir in den regulären Qi Gong-Stunden üben, haben mit „Berge schieben“, „Wasser teilen“ und der „großen Windmühle“ kräftige Übungen im Programm, die wiederum auch Kampfkünstlern sehr gute Dienste erweisen können.
Externe Trainingsmethoden
Während externe Trainingsmethoden weitverbreitet eingesetzt werden, haben sie in hochwertigem, traditionellem Kung Fu-Training einen eher drittklassigen Ruf und werden als Wasserbüffelmethoden bezeichnet. Ihr Ziel ist weniger den Energiefluss zu stärken, sondern Muskelkraft aufzubauen und die Knochen abzuhärten.
Bekannte Methoden sind das Schlagen auf den Sandsack, eine Holzpuppe oder auf mit Bohnen gefüllte Beutel, ebenso wie das Treten auf Palmen oder Bäume. Auch das Tragen von Wasserkrügen und verschiedenste Arten von Liegestützen (z.B. mit Tigerkrallen) werden häufig praktiziert.
Das Schlagen mit Hanteln in den Händen soll die Schlagkraft erhöhen. Im Hoong Ka-Kung Fu (auch Hung Gar oder Hung Kyun) werden hierzu gerne Metallringe an den Handgelenken getragen.
Zur Abhärtung sind Three-Star-Hitting, Rolling Bamboo und das Abklopfen mit Bambusbündeln oder dergleichen beliebt.
Laufen als Ausdauertraining, wie es im westlichen Fitnesstraining vieler Kampfsportarten praktiziert wird, wird in klassischem Kung Fu nur für das Training der „Art of Lightness“ oder der „Art of 1000 Steps“ eingesetzt.
All diese als extern bezeichneten Methoden können von eingeweihten Kampfkünstlern auch als Unterstützung zu ihrem internen Training verwendet werden und können so auch durchaus eine interne Komponente entwickeln. In Shaolin Wahnam ziehen wir in den meisten Fällen aber dennoch die exklusive Praxis innerer Methoden vor.
Mit dem richtigen Geschick können auch externe
Übungen zur inneren Praxis werden.
Fazit
Die Shaolin-Künste bieten ein reichhaltiges Spektrum verschiedenster Techniken für die innere Kultivierung. Wie so oft ist der wichtigste Faktor jedoch nicht die Technik, sondern vielmehr sind es die eingesetzten Fähigkeiten und Grundprinzipien.
Shaolin Wahnam verfügt über eine ganze Schatzkammer an hochwertigen Methoden und dem zugehörigen Hintergrundwissen für verschiedene Entwicklungsstufen.

Autor: Sifu Leonard Lackinger
Die Serie „Alles über innere Kraft“:
Hier geht's zu
- Teil 1 - Begriffsklärung und Geschichte
- Teil 2 - Entscheidende Erkenntnisse und die Funktionen innerer Kraft
- Teil 3 - Ein Vergleich zu Muskelkraft
- Teil 4 - Innere Kraft in der Kampfkunst
- Teil 5 - Negative Auswirkungen fehlerhaften Trainings
- Teil 6 - Verschiedene Arten innerer Kraft
- Teil 7 - Fließen und Verdichten, zwei gegensätzliche Pole
- Teil 8 - Flow Method und Force Method
- Teil 9 - Wichtige Entdeckungen zu „Flow Method“ und „Force Method“
- Teil 10 - Weitere Klassifizierungen
- Teil 11 - Techniken zur Entwicklung innerer Kraft
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Außerdem kann man die Art der Übungen und Ziele in 5 Kategorien einordnen.
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übertreiben. Was ist Übertraining und was kann man dagegen tun?
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