Das „Privileg“ des Übertrainings
in Shaolin Wahnam
Energiearbeit VS Sport
Übertraining ist vielen Sportlern ein Begriff. Üblicherweise meint man damit das „Auspowern“, also Training bis hin zur Erschöpfung, zum „ausgelaugt sein“.
Ziel authentischer Energiearbeit wie Qi Gong, Kung Fu und Tai Chi Chuan ist es nach dem Üben mehr Energie zu haben als davor. Deshalb gelten dafür andere Regeln und Definitionen als beim Sport. Doch auch hier kann man es übertreiben.
Bei Kung Fu ist den meisten leider nicht bewusst, dass es sich überhaupt um Energiearbeit handelt, wodurch es zumeist als externer (muskulärer) Sport betrieben wird. Dafür gilt natürlich die gleiche Definition des Übertrainings wie bei anderen Sportarten.
Dieser Artikel behandelt das Phänomen des Übertrainings in der Energiearbeit, das aufgrund des niedrigen Ausübungsniveaus in anderen Schulen außerhalb von Shaolin Wahnam kaum bekannt ist und dort eigentlich auch keine Rolle spielt.
Over-Training und Over-Cleansing
Die Qualität des Qi Gong in Shaolin Wahnam ist sehr hoch. Solange wir fleißig üben, sind uns Erfolge gewiss. Darum brauchen wir uns also nicht zu sorgen. Im Gegenteil! Wir sollten sogar aufpassen es mit dem Training nicht zu übertreiben, was in der Geschichte der Shaolin-Künste wohl einzigartig ist. Zu viel des Guten ist auch nicht empfehlenswert.
Over-Training (Übertraining) über einen längeren Zeitraum kann dazu führen, dass wir uns matt, müde und unwohl fühlen. Der Köper weiß nicht mehr wohin mit der überschüssigen Menge an Energie. Over-Training wiederum kann zu Over-Cleansing (zu schneller Reinigung) führen.
Over-Cleansing bedeutet, dass sich der Körper gelöster Blockaden und Giftstoffe nicht rasch genug entledigen kann. Dies kann zu Unwohlsein, Übelkeit und Schmerzen, im Extremfall sogar zu Durchfall oder Erbrechen führen. Over-Cleansing beschleunigt zwar theoretisch den Heilungsprozess, ist aber ebenso eine Belastung für den Organismus und wird daher als negative Abweichung gesehen. Außerdem ist es keine angenehme Erfahrung. Das Training soll uns in unserem Alltag nicht beeinträchtigen, sondern diesen vielmehr vereinfachen und verschönern. Wie so oft gilt es also die richtige Dosis zu finden.
Die richtige Balance zwischen Übung und Ruhe
spielt eine wichtige Rolle im Training.ü>
Yin und Yang im Training
Der Begründung für Over-Training ist mit dem Prinzip von Yin und Yang einfach zu erklären. Yin verkörpert in diesem Bezug die Kapazität unseres Körpers Energie zu speichern. Yang symbolisiert den Energiezuwachs durch unsere Praxis.
Bei richtiger Dosis sammeln wir etwas mehr Yang, also frische Energie, und Yin steigt mit, um auszugleichen. So wachsen unsere Energiereserven allmählich schrittweise an. Diese Reserven ermöglichen es uns vital zu leben und auch in schwierigen Zeiten, zum Beispiel unter Stress oder bei Virenattacken, bestehen zu können.
Besonders wenn wir Übungen zur Stärkung der inneren Kraft intensiv praktizieren, wie in der Ausübung von Shaolin Kung Fu und Tai Chi Chuan üblich, kann eine gewaltige Menge neuer Energie auf den Körper einwirken. Yang ist exzessiv. Wenn dies über einen längeren Zeitraum aufrecht erhalten und dem Körper nicht genügend Zeit geben wird, sich an das neue Energievolumen anzupassen, liegt eine Disharmonie zwischen Yin und Yang vor. Die Praxis resultiert im Übertraining.
Der Überschuss kann entweder qualitativ oder quantitativ entstehen.
Qualitatives Über-Training entsteht, wenn wir hochwertiger üben als unser Körper verträgt.
Quantitatives Über-Training entsteht, wenn wir mehr bzw. länger üben als gut für uns ist.
Die Energiearbeit im Shaolin Kung Fu ist besonders kraftvoll.
Hier Großmeister Wong bei Triple Stretching of Pearl Bridge.
Maßnahmen bei Übertraining
Irgendwann kommt wohl jeder an seine Grenzen und darüber hinaus. Das ist ja auch gut so. Schlussendlich ist der beste Weg um Übertraining zu erkennen die eigene Erfahrung.
Nur in seltenen Fällen gerät man schlagartig ins Übertraining. Zumeist schleicht es sich langsam an, wodurch wir die Gelegenheit haben es rechtzeitig wahrzunehmen.
Wichtig ist nur, dass du auf die Warnzeichen achtest. Wenn du dich erschöpft und matt fühlst, obwohl du kraftvoll trainierst, liegt es nahe, dass du es übertrieben hast.
Mit folgenden Maßnahmen kannst du dich wieder in Balance bringen:
Außerdem solltest du deinen Sifu um Rat fragen. Das ist übrigens immer gut. ;)
Fazit
Der Fortschritt beim Aufbau innerer Kraft als auch bei der Reinigung sollte immer stetig und graduell sein und so unser Leben verbessern anstatt einzuschränken.
Es ist erschreckend, dass weltweit so viele Menschen viel Zeit und Geld für ihre Qi Gong- oder Kampfkunstpraxis aufwenden, ohne besondere Wirkung damit zu erzielen. Wenig verwunderlich also, dass andere Schulen keine Kenntnis von Übertraining haben und ihren Schülern verordnen mehrere Stunden am Tag zu üben. Das Wissen darüber ist dort aber auch nicht wirklich notwendig, weil wo die Praxis keine oder nur geringe Wirkung verschafft, kann man sich auch nicht überladen.
In Shaolin Wahnam haben wir das Privileg uns eher wegen dem „zu viel“ als dem „zu wenig“ Gedanken zu machen, womit wir einen in der Geschichte von Shaolin nahezu einzigartigen Status erlangt haben.
Dieser Artikel soll euch nicht davon abschrecken weiterhin fleißig zu üben, sondern vielmehr ein Bewusstsein für die herausragende Kraft unserer Künste schaffen, damit ihr Fortschritt und Wirkung eurer Praxis aufmerksam und achtsam beobachtet.
Das Wissen um Übertraining erklärt auch warum wir pro Kunst nur eine Einheit pro Woche gemeinsam trainieren. Das gemeinsame Training ist noch kraftvoller. Deshalb ist es gut, wenn ihr zwischendurch Zeit zum regulieren habt.
Unglaublich, aber wahr: Weniger ist bei uns mehr!

Autor: Sifu Leonard Lackinger
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