Shaolin Iron Wire Set
Shaolin Eisendraht Set
Tit Sin Kuen
Stil: südliches Shaolin Kung Fu, Hung Gar / Hoong Ka
Cross Fists
Krieger-Qi Gong
Was ist das stärkste Qi Gong, also Training der inneren Kraft, in unserer Schule?
Es ist ein Kung Fu-Set, nämlich das „Shaolin Iron Wire Set“, was übersetzt etwa so viel wie „Eisendraht-Set“ bedeutet.
Wobei Vergleiche immer relativ zu betrachten sind.
Das „Dragon Strength Qi-Circulation Set” ist und bleibt das vielfältigste Set, da man damit sowohl Energie konsolidieren als auch den Fluss trainieren und verschiedene Arten innerer Kraft konvertieren kann.
Und die Übungen aus den Sehnenmetamorphosen sind an Effizienz nicht zu übertreffen. In nur wenigen Sekunden können wir damit schier unglaubliche Mengen an Energie generieren, was sie bei Kursen regelmäßig zu den „Wow!-Übungen“ macht.
Aber wer das innere Beben von Energie nach den etwa 10 Minuten des „Iron Wire Sets“ erlebt hat, wird zustimmen, dass seine Wirkung gewaltig ist.
Bei den Polaritäten innerer Kraft, also verdichten und fließen, bildet es den Gegenpol zu den Wolkenhänden im Tai Chi Chuan, welche die wohl beste Übung für „Flowing Force“ sind. Das „Iron Wire Set“ bündelt und verdichtet Energie wie keine andere Methode, was es zu einer tollen Repräsentation des Tiger-Spirits macht.
Es ist ideal, um kraftvolle Schläge, harte Arme und Widerstandskraft zu entwickeln.
Finger Fist Double Shine
Geschichte und Bedeutung des Shaolin Irone Wire Sets
Das Set wurde von Thit Kiew Sam entwickelt, einer der „10 Tiger von Guangdong“ Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts. Thit Kiew Sam oder „Eisenbrücke Drei“ war sein Spitzname als drittes Kind seiner Familie. Sein echter Name war Leong Khuen.
Er hatte von Cheng Choe gelernt, welcher wiederum vom ehrwürdigen Sam Tuck unterwiesen wurde, einem der zehn besten Schüler von Chee Seen, dem letzten Abt der südlichen Shaolin-Tempel.
Für die Entwicklung von „Iron Wire“ verwendet Thit Kiew Sam vermutlich die Techniken und Fähigkeiten aus dem „Triple Stretch Set“, welches die Spezialität von Sam Tuck und Hoong Hei Khoon war, dem Begründer des auch heute noch sehr populären Hung Gar-Kung-Fu-Stils.
Neben der langen „Tiger-Kranich Form“ und dem „Taming-Tiger Set“ ist das „Iron Wire Set“ eines der drei wichtigsten Sets im Hung Gar (welche ich übrigens alle drei von meinem Sifu lernen durfte).
Thit Kiew Sam lehrte das Set an Lam Fook Seng, welcher wiederum den wohl meistverfilmten Kung Fu-Helden, Wong Fei Hung, unterrichtete. Dieser unterwies Lam Sai Wing, der eine weitbekannte bebilderte Anleitung veröffentlichte.
Diese diente auch unserem Großmeister, Wong Kiew Kit, als Vorlage für die Shaolin Wahnam-Version des Sets. Wenn Sifu auch keinen direkten Lehrer dafür hatte, so konnte er sein Wissen und seine Fähigkeiten aus seiner Shaolin-Ausbildung darin einweben und das Set auf tiefgründige Art und Weise praktizieren und vermitteln.
Ansonsten wird das Set heute leider häufig als isometrische Übung ausgeführt, also die Muskeln in verschiedenen Posen angespannt. Das ist sicherlich nicht im Sinne des Erfinders.
Während Sifu uns vor Kursen zu einem klassischen Set immer Videos zum Einlernen des Ablaufs zur Verfügung gestellt hat, wies er uns immer darauf hin, das bei „Iron Wire“ nicht zu machen, um zu vermeiden, dass man sich Anspannung oder andere Fehler eingewöhnt. Um die wahre Kraft des „Iron Wire Sets“ zu erwirken, sollte man so locker und entspannt wie nur möglich sein – wie eigentlich immer im Qi Gong.
Irreführend für jene mit ungeschulten Augen, die nicht in die Philosophie innerer Kampfkünste eingeweiht sind, ist dabei, dass der starke innere Energiefluss und das Bündeln der inneren Kraft dazu führen kann, dass die Hände und Arme zu vibrieren beginnen. Dieses Beben wird häufig als körperliche Anspannung missverstanden und fälschlich nachgeahmt.
Die 12 Brücken
Was das Set, abgesehen von seiner Intensität, so besonders macht, ist, dass es die sogenannten „12 Brücken“ trainiert. Als Brücke wird im Kung Fu die Verbindung der Unterarme mit dem Partner oder Gegner bezeichnet. Denn, anders also im westlichen Boxen, wo die Hände nach dem Schlag üblicherweise rasch wieder in die Deckung zurückgezogen werden, ist es in chinesischen Kampfkünste typisch, mit den Armen des Gegenübers in Kontakt zu bleiben und zu versuchen, Kontrolle über sie zu erlangen.
Die 12 Brücken werden in einem auf Kantonesisch poetisch wohlklingenden Ausdruck zusammengefasst:
Kong yow pik cheit fun ting chuin
Tai lau wan chai ding thien khuen
So hat unser Großmeister Wong es auf Englisch übersetzt:
Hard soft press straight separate stable inch
Lift keep circulate control match the cosmos
Und hier mein Übersetzungsversuch auf Deutsch:
Hart weich pressen gerade teilen stabil Zoll
Heben halten kreisen kontrollieren angleichen an den Kosmos
Dabei ist es wichtig zu verstehen, dass die Unterscheidung in der Anwendung liegt und nicht in gänzlich anderen Kräften.
Die Quelle ist immer die gleiche, nämlich das angesammelte Qi. Wird die Energie aber zum Beispiel dazu verwendet, um einen kraftvollen geradlinigen Schlag auszuführen, spricht man von „gerader Kraft“ oder „Cheit“, wie in „Black Tiger Steals Heart“.
Legt man eine Hand auf die Arme des Gegners, um dessen Bewegungen und Intentionen zu spüren, spricht man von „Ting“ oder „stabilisierender Kraft“, wie beispielsweise in „Single Tiger Emerges from Cave“.
Press Bridge
Auch wenn im Laufe des „Iron Wire Sets“ bestimmte Techniken für das Training bestimmter Kraftanwendungen vorgesehen sind, so sind diese Zuweisungen nicht absolut. Das heißt, eine Technik kann sowohl für das Training als auch die Anwendung jeglicher der Kräfte verwendet werden.
Die letzten beiden Wörter in der obigen Zusammenfassung der Kräfte, „thien“ und „khuen“, bedeuten „der Kosmos“ und spielen darauf an, dass man, wenn man die 12 Brücken versteht und ausreichend trainiert, alle Situationen im Kampf bewältigen kann.
Überdies verleiht das Training des „Iron Wire Set“ reichlich Energie und einen klaren Geist, was sowohl dem restlichen Kung Fu-Training als auch der Leistungskraft im alltäglichen Leben sehr zugute kommt.
Hier einige Videos vom Set mit dem Hinweis, es nicht alleine, sondern nur unter fachkräftiger Unterweisung zu erlernen:
Hier Video auswählen:
Unten in den Links findest du noch weiterführende Informationen. 😉
Autor: Sifu Leonard Lackinger
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Links:
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History and Philosophy of Shaolin Iron Wire Set
Revealing the Secrets of the Twelve Bridges of the famous Iron Wire Set
Artikelübersicht:
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