Fragen und Antworten
Ausgabe 2020-7

Qi Flow

Die spontanen Bewegungen im Qi Flow führen zu einem harmonischen Energiefluss

Frage 1

Ich weiß ja aus eigener Erfahrung wie wichtig Qi Flow für unseren Fortschritt ist.

Warum gibt es Qi Flow nicht auch in anderen Schulen?

- Louise

Um Qi Flow systematisch erlernen und verlässlich auslösen zu können, sind zwei Dinge notwendig: Wissen und Fähigkeit.

Die meisten, die denken, dass sie Qi Gong ausüben, konzentrieren sich nur auf die äußere Form, also die Technik, die sie oft penibel genau auszuführen versuchen. Die Effekte beschränken sich aber auf die körperliche Ebene, weil ihnen nicht bewusst ist, worauf es eigentlich ankommt.

Es braucht die nötigen Fertigkeiten, um den Energiefluss so gut anzuregen, dass er sich in spontanen, körperlichen Bewegungen manifestiert. Diese sind, sich entspannen zu können, in den „Qi Gong-Geisteszustand“ einzutreten, den Energiefluss anzuregen und loszulassen. Allesamt wichtige Grundlagen, die wir schon ab der ersten Stunde vermitteln und dabei betonen, wie wichtig sie sind.

Natürlich gibt es auch Praktizierende außerhalb unserer Schule, die mit Qi Gong authentisches Energietraining machen. Selbst, wenn ihnen diese grundlegenden Fähigkeiten nicht bekannt sind, kann es sein, dass sie diese befolgen. Vielleicht nicht jedes Mal, aber doch immer wieder. Dadurch kann die Energie fließen.

Wenn sich dann auch körperliche Qi-Bewegungen manifestieren, kann es aber leicht passieren, dass die Übenden diese aus Unwissenheit zurückhalten. Schließlich war es nicht Teil der gelernten Anleitung und ihnen ist nicht bewusst, dass das eigentlich ein sehr positives Zeichen dafür ist, dass sie gut und richtig geübt haben. Auch wissen sie nicht, dass der Qi Flow eigentlich die Essenz des Qi Gong-Trainings und es eine höchst effiziente Methode ist.

Die Wenigsten wissen, dass es Qi Flow überhaupt gibt. Noch weniger wissen, wie effektiv er ist und man ihn deshalb zulassen und genießen sollte.

Das zeigt, wie wichtig Wissen und Philosophie sind, die zu Verständnis führen und schließlich den Fortschritt beschleunigen.

Frage 2

Wir haben beim Abschluss nach einer Qi Gong-Einheit ja verschiedene Möglichkeiten kennengelernt, wo wir die Energie am Ende hinleiten. Das abdominale Dantian, Mingmen, Hui Yin.

Was sind da die Unterschiede in der Wirkung?

- Christian

Am Ende des Qi Flows und nach der Standmeditation leiten wir die Energie mit einem sanften Gedanken in ein Dantian, also ein Energiefeld, damit der Energiefluss wieder zur Ruhe kommt uns sich das Qi dort gegebenenfalls anreichert.

Normalerweise senden wir die Energie zum abdominalen Dantian, also das zentrale Energiefeld im Unterbauch. Es liegt zwischen den Energiepunkten „Qi Hai“ (zwei biologische Zoll, also Daumenbreiten, unter dem Bauchnabel) und „Quan Yuan“ (zwei biologische Zoll unter dem Bauchnabel). Wenn wir nichts dazusagen, meinen wir mit "Dantian" immer dieses.

Bei Übungen, die sich besonders positiv auf das Nierensystem auswirken, wie "Nieren nähren" oder das "Ringelspiel" aus den "18 Lohan Händen", kannst du an "Mingmen" denken. Das "Tor des Lebens" liegt am Rücken gegebenüber des Bauchnabels. Es ist eng mit den Nieren verknüpft und sorgt - wie der Name schon vermuten lässt - für die Verteilung der Energie im Körper. Mingmen zu aktivieren, kann dir einen Energieschub verleihen und sorgt auf lange Sicht für Vitalität und Lebenskraft.

Beim Abschließen hast du folgende Möglichkeiten.

  • Ans abdominale Dantian denken. Das ist der Standard.
  • Nach Nierenübungen an Mingmen denken. Fördert den spezifischen Effekt zusätzlich.
  • An die Füße denken. Dies kann hilfreich sein, wenn du Übertraining, also eine zu starke Aufladung erfährst und der Überschuss in den Boden abgeleitet werden soll. Auch wenn sich das Qi zu sehr im Kopf sammelt, kannst du die Energie durch das Denken an die Füße weiter nach unten verschieben.

"Hui Yin" ist das Energiefeld am Damm, also zwischen Geschlechtsorganen und After. Es ist für die sexuelle Vitalität zuständig. Wir sprechen es üblicherweise nur bei einzelnen, sehr fortgeschrittenen Übungen an, "Sub-Merged Breathing" (Die überschwemmende Atmung) und "Forceful Small Universe" (Das kraftvolle kleine Universum). Hier ist "Hui Yin" Teil der Übungsanleitung bzw. Visualisierung. Bei der überschwemmenden Atmung kann man auch beim Abschluss kurz an diesen Punkt denken, aber ansonsten verwenden wir ihn eigentlich nicht.

Egal, in welches Energiefeld du die Energie am Ende führst, du stößt das Hinleiten nur kurz und sanft an. Wenn du die Energie wo anders als ins abdominalen Dantian schickst, sie aber dort benötigt wird, wird sie automatisch dort hinfließen.

Energiepunkte und Dantians

Einige Energiepunkte und Dantians entlang des kleinen Universums.

Frage 3

Findest du es sinnvoll, um bestimmte Blockaden körperlich/emotional zu lösen, diese Absicht, ohne sich darauf zu versteifen, ins Üben reinzugeben oder eher einfach der Energie alles zu überlassen, was gerade dran ist?

- Sabine

Die ideale Vorgehensweise in unserer Praxis ist „Wu Wei". Das bedeutet so viel wie „tue nichts und alles wird für dich getan.“.

Zunächst ist aber „You Wei" wichtig, also „Handle angemessen!“.

Auf unsere Praxis bezogen bedeutet das, dass wir zuerst im Qi Gong-Geisteszustand unsere Übung ausführen. Danach lassen wir los und einfach alles geschehen, im Vertrauen, dass die Energie dorthin fließen wird, wo sie im Moment am meisten gebraucht wird.

Gerade im Westen denken die meisten, dass es wichtig ist, alles detailliert, zielgerichtet und kontrolliert machen zu müssen. Im Qi Flow dürfen wir aber einfach mal abgeben und schlicht die Reinigung genießen.

Frage 4

Um in den Geisteszustand zu gelangen empfiehlst du immer, Gedanken rauszuwerfen. Sowas ist aus meiner Erfahrung leichter, wenn man die Aufmerksamkeit stattdessen auf etwas Anderes richtet, z.B. den Körper.

Ist das hier auch zu empfehlen?

- Arndt

Es gibt zwei Hauptkategorien von Meditation. Einsgerichtet und Leere.

In vielen Meditationsformen fokussiert man sich auf eine Sache, wie den Atem, Körperempfindungen, den Strom der Gedanken beobachten, ein Mantra, ein Gebet, ein Bild, eine Visualisierung, einen Punkt auf der Wand oder etwas anderes. Auch wir nutzten diese einsgerichtete Methode, zum Beispiel indem wir uns sanft der Übung gewahr sind, die wir gerade machen, oder indem wir eine Kampfkunsttechnik exakt und konzentriert ausführen.

Die aber höherwertige Methode ist typisch für Zen. Direkt auf die Leere zu. Aufsteigende Gedanken verfolgen wir nicht weiter sondern lassen sie gleich wieder verschwinden. Es ist eigentlich die simpelste Methode, was nicht heißt, dass sie auch einfach ist. Doch mit einiger Übung fällt es immer leichter. Sobald du bemerkst, dass du einen Gedanken verfolgst, hörst du damit auf. Ohne Ärgern, ohne Interpretieren. Einfach „raus“ damit.

Warum ist die Zen-Methode höherwertig? Weil sie die typische Charakteristik der Zen-Kultivierung widerspiegelt, simpel, direkt und effektiv.

Simpel, weil die Anleitung nicht einfacher sein könnte.

Direkt, weil man in der einsgerichteten Methode „die 1000 Gedanken durch einen Gedanken ersetzt“. Das ist ein toller Erfolg. Doch schlussendlich muss man diesen einen Gedanken auflösen. Zen geht den direkten Weg zu „No-Mind“ (kein Geist/Gedanke).

Effektiv, weil das Zen-Training wohl die meisten Erleuchteten hervorgebracht hat. Und auch wir, die wir auf einem weit niedrigeren Niveau üben, können wunderbare Effekte dadurch erfahren.

Die Aufmerksamkeit und Wahrnehmung schalten wir während dem Üben nicht ab, wobei das einer der letzten Schritte vor der Erleuchtung wäre. Wir interpretieren die Empfindungen und Wahrnehmungen aber während der Praxis nicht weiter – abgesehen von Schmerzen, die eine Anpassung erfordern.

Eine übliche Anweisung von uns, deren Wert als Hilfestellung ich erst nach Jahren so richtig realisiert habe und das alles in kurzer Zen-Manier vereint, ist „Genieße die Stille!“.

Catch a Tiger in the Mountain

Der LEOpard trainiert seine Krallen kann der Schüler nur durch den Meister verstehen“

Frage 5

Gibt es auch Qi Gong-Übungen, die gut für die Gallenblase sind?

- Valerie

Auch wenn wir sie nicht immer hervorheben, so profitiert die Gallenblase auch von allen Leberübungen. Schließlich spielen Leber und Gallenblase im Holzelement zusammen.

Das „Spiel des Hirschen“ aus dem Spiel der fünf Tiere wirkt sich zum Beispiel positiv auf Leber und Lebermeridian, sowie Gallenblase und Gallenblasenmeridian aus.

Bei folgenden Übungen habe ich mir dennoch speziell die Gallenblase notiert:

„Sterne pflücken“ und „Ringelspiel“ aus den 18 Lohan Händen. „Immortal Takes Off Shoes“ aus den 18 Juwelen.

Auf chinesisches heißt „Mut“ ja „Da Dang“. Das bedeutet wörtlich so viel wie „starke“ oder „große“ Gallenblase.

Übungen, die besonders den Mut fördern, sind „Golden Leopard Trains Claws“ aus den 18 Lohan Künsten und „Pulling Body“ aus den Sehnenmetamorphosen.

 

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