Fragen und Antworten
Ausgabe 2018-12
Traditionelles Kung Fu-Training verbessert alles was wir tun,
auch die Ausübung anderer Kampfkünste.
Frage 1
Ich habe eine Frage bezüglich der Vereinbarkeit von Ninjutsu und Kung Fu. Wäre das ein Nachteil?
Oder kann man das gemeinsam trainieren?
- Christian
Es ist schon möglich, sowohl Ninjutusu als auch Kung Fu zu trainieren.
Allerdings solltest du dabei einige Dinge beachten.
Viele würden denken, dass es besser ist, so viele Dinge wie möglich zu lernen, um möglichst viel Wissen anzusammeln. Dies kann hilfreich sein, spiegelt allerdings nur die Weite wider.
Mindestens ebenso wichtig ist jedoch die Tiefe, also die Fähigkeiten und das Können, die man durch das beständige Training erlangt. Dies entspricht auch dem „Kung“ in „Kung Fu“.
Das Kampfkunst-Training in unserer Schule bietet sowohl Weite, als auch Tiefe, in großem Ausmaß. Dar Basislehrplan vermittelt alle wichtigen Fähigkeiten und danach gibt es jede Menge weiteres Material zur Vielfalt und Vertiefung.
Eben jene Fähigkeiten, wie einen klaren Geist zu kultivieren, guten Energiefluss zu entwickeln und innere Kraft anzusammeln, führen dazu, dass man alles andere im Leben besser machen kann. Daher natürlich, gegebenenfalls, auch Ninjutsu.
Frage 2
Wo liegt das Dantian?
- Mic
Das abdominale Dantian, unser zentrales Energiefeld, ist rund um den „Qi Hai“-Energiepunkt angesiedelt. Dieser liegt im Unterbauch, etwa 3-4 Fingerbreiten unter dem Bauchnabel und etwa 2-3 Fingerbreiten im Körperinneren. „Qi Hai“ bedeutet so viel wie „Meer der Energie“.
Das Interessante ist, dass man die genau Lage nicht zu kennen braucht. Es genügt schon sanft 1-2 Mal an die Region unter dem Bauchnabel zu denken und das Chi wird sich dort sammeln, weil das Dantian
Manchmal wird das abdominale Dantian auch unteres Dantian genannt, während Tanzhong als mittleres und Bai Hui als oberes Dantian aufgezählt werden. Da es mit „Hui Yin“ am Damm und Yongchuan auf den Fußsohlen noch tieferliegende Energiefelder gibt, verwenden wir diese Bezeichnung normalerweise nicht. Zumeist sagen wir einfach nur „Dantian“ und alle wissen welches gemeint ist. Um spezifischer zu sein nennen wir es manachmal „abdominales“ Dantian oder „Dantian im Unterbauch“.
Sehr häufig wird das Chi am Ende einer Qi Gong-Übungseinheit mit aufgelegten Händen im Dantian gesammelt und dort „versiegelt“. In Shaolin Wahnam nutzen wir einfach unseren Geist dazu. Auch den Begriff „versiegeln“ finde ich unpassend. Schließlich soll die Energie ja nach dem kraftvollen Zirkulieren während des Übens und des Chi Flows, sich sanft im natürlichen Zentrum fokussieren. Dort soll es aber stets verfügbar bleiben und nicht weggesperrt werden. Chi ist – so wie auch Geld – nur nützlich, wenn es fließt.
Das Qi Hai-Dantian im Unterbauch.
Frage 3
Was genau ist das Schädliche am Übertraining bzw. an mehr Force und Flow als von Körper und Geist gerade gut vertragen werden würde?
Soll man Übertraining wirklich immer um jeden Preis verhindern?
- Bernhard
Wie du selbst auch im Forum so schön erläutert hast, kann man eine Glühbirne nicht mit Starkstrom betreiben. Das ist nun mal die Natur der Dinge.
Übertraining ist eine selbst herbeigeführte Disharmonie zwischen Yin und Yang, welche in der TCM der alleinige Grund für jegliches Leiden ist. Ist die körperliche Kapazität (Yin) über einen längeren Zeitraum sehr viel neuer innerer Kraft (Yang) ausgesetzt, können dadurch diverse, unangenehme Symptome, wie zu drastische Reinigungserscheinungen, entstehen.
In einzelnen Sessions ist Übertraining durchaus zu verkraften. Jedes Seminar und auch die meisten regulären Qi Gong-Stunden sind ein leichtes bis stärkeres Übertraining. Da wir dies aber nicht ständig und nicht täglich machen, ist es okay. Auf Dauer ist es aber nicht ratsam und man sollte seinem Körper Zeit lassen die neu dazugewonnene Energie zu integrieren, bevor man weiter „nachfüllt“.
Frage 4
Mir ist im Training bei „One Finger Shooting Zen“ aufgefallen, dass bei der letzten Sequenz, bei der die Faust vor dem Herz geführt wird, ein starker Chi Flow in mir entsteht. Mir war auf einmal klar warum deine Arme immer vibrieren, wenn du die Übung vorzeigst.
Wie sehr ist das Herz als Bestandteil eines guten Chi Flows von Bedeutung?
- Mathias
Rein von der Position her, ist es nicht von besonderer Bedeutung, ob man die Hände direkt vom Herzen wegführt oder daran vorbei. Die vierte Sektion von „One Finger Shooting Zen“ stammt aus dem Choe Family Wing Chun, wo man die Hand vom Herzen weg nach vorne streckt. Die Pattern (die Technik) nennt sich „Big Boss Offers Wine“. Im Triple Stretch Set aus dem südlichen Shaolin Kung Fu übt man die gleiche Pattern, allerdings wird die Faust hier seitlich vom Körper geführt – so wie bei der ersten Sektion von One Finger Shooting Zen, nur mit Faust. Das Triple Stretch Set und auch diese Pattern sind beide als sehr kraftvoll bekannt, auch wenn die Hand nicht am Herzen vorbeigeht.
Das Herz, im chinesischen Sinne von „Shen“ (Geist und Seele), hat jedoch höchste Bedeutung, wenn es darum geht guten Energiefluss zu haben. Darum lehren wir unseren Schülern gleich von Anfang an, ihr Herz zu öffnen und aus dem Herzen zu lächeln. Außerdem halten wir unseren Geist frei von unnötigen Gedanken. Erst durch diese Faktoren, bringen wir unsere Energie in Fluss. Im Kung Fu-Training bündeln wir diesen Energiefluss dann zu innerer Kraft. Das kann mitunter auch dazu führen, dass unsere Hände zu vibrieren beginnen, wenn das Chi in den Körperzellen gespeichert wird.
Eine nette Parallele zu unserer Philosophie hat mir mal ein Schüler, der eine private Einführungsstunde gebucht hatte, erzählt. Er war vor vielen Jahren in einem indischen Ashram. Sein Guru dort sagte ihm, dass alles was er gelernt hatte, nichts nütze, wenn sein Herz nicht offen sei.
Somit sind unsere moralischen Richtlinien, die 10 Shaolin-Gesetze, und das für Shaolin Wahnam typische „Lächeln aus dem Herzen“ sehr wichtige und effektive Methoden, die sehr zu unseren herausragenden Resultaten beitragen.
One Finger Shooting Zen
Sifu Chris Didyk
Frage 5
Kann man Qi Gong zu langsam oder zu schnell üben?
- Walter
Nur, wenn der Atem bei Übungen mit Atemkoordination nicht in Einklang mit der Bewegung ist.
Bei den meisten Übungen sollte sich die Geschwindigkeit der Bewegung nach dem Atem richten. Dieser braucht weder besonders langsam, noch besonders schnell zu sein. Am besten man atmet ganz natürlich und die Bewegung stellt sich auf dieses individuelle Tempo ein. Das Einatmen und das Ausatmen sollten übrigens etwa gleich lange dauern.
Langsamer zu üben, ist zumeist intensiver. Dies ist bei der ohnehin kraftvollen Ausübung unserer Künste aber nicht extra notwendig.
Einige der Übungen aus den 18 Juwelen sind so gestaltet, dass sie ordentlich Schwung in unserem Körper und Energiesystem erzeugen, um einen guten Chi Flow auszulösen. Hierbei kann besonders langsames Üben eher kontraproduktiv sein. Oft koppeln wir den Atem dann von der Bewegung ab und üben sehr flott und schwungvoll.
Zumeist wählen wir aber ein mittleres Tempo, das sich einfach nach unserem ganz natürlichen, unbeeinflussten Atem richtet.
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