Kampfsport und Kampfkunst im Vergleich

Tag der Abrechnung! 😃
Haha, nicht wie du vielleicht denkst.
Lass uns in Ruhe und Frieden herausfinden, wo die Unterschiede zwischen Kampfsport und Kung Fu liegen!
Welche Auswirkungen und Effekte haben deren Ausübung jeweils auf unser Leben?
Da Kung Fu nicht gleich Kung Fu ist, unterteile ich die chinesischen Kampfkünste zusätzlich in modernes „Wushu“ und traditionelles Kung Fu, wie wir es betreiben.
Es ist wichtig zu wissen, worauf der Fokus der einzelnen Trainingsarten liegt, damit man weiß, ob man seine Zeit auch wirklich einer Sache widmet, die dazu verhilft, die eigenen Ziele zu erreichen.
Die drei Kontrahenten treten in folgenden Kategorien gegeneinander an:
Gesundheit – für ein glückliches und sorgenfreies Leben das Wichtigste überhaupt
Fitness – körperliche Leistungsfähigkeit und kräftige Muskeln; übrigens nicht zu mit Gesundheit zu verwechseln!
Wettkampf – der sportliche Wettstreit im Ring oder auf der Matte
Show – die schöne Darbietung im Film, auf der Bühne oder bei Turnieren vor einer Jury
Selbstverteidigung – wenn es drauf ankommt…
Charakterbildung – welcher Gemütszustand und welche Einstellung gegenüber anderen werden gefördert?
Spirituelle Entwicklung – das seelische und geistige Vorankommen
Natürlich sind nicht jeder Kampfsportstil und jede Schule gleich, daher dient uns für den Vergleich ein genereller Durchschnitt. Es gibt überall Ausnahmen von der Regel und ich gebe zu, dass ich naturgemäß ein wenig parteiisch sein könnte… 😃
Absicht dieses Artikels ist es nicht, andere, die ihrer Passion nachgehen, herabzuwürdigen. Vielmehr möchte ich dir aufzeigen, welche Ziele du mit dem jeweiligen Training am besten verwirklichen kannst.
Gesundheit
Im Kampfsport ist das Ziel zu gewinnen, wenn nötig um jeden Preis. Verletzungen sind an der Tagesordnung, regelmäßige Treffer am Kopf erwiesenermaßen nicht förderlich für das Gehirn und auch sonst fordert das ständige Auspowern alles von Körper und Organen ab.
Soviel steht fest. Um lange gesund zu leben, ist Kampfsport keine ideale Wahl.
Auch Wushu, mit seinen akrobatischen Einlagen und übermäßig stilisierten Bewegungen, kann eine große Belastung für die Gelenke sein. Es gilt der Tenor „wer jung ist gibt alles, wer nicht mehr kann wird Trainer“. So wird Generation für Generation verschlissen, angetrieben von oft überraschend jungen Trainern…
Traditionelles Kung Fu soll die Gesundheit fördern. Und das gilt nicht nur für Tai Chi, das für diesen Aspekt besonders bekannt ist. Stände, Beinarbeit und Bewegungen werden schonend für die Gelenke ausgeführt. Man kommt an seine Grenzen, weitet diese aber dank gradueller Steigerung auf behutsame Weise aus.
FAZIT: Für die Gesundheit ist klassisches Kung Fu bei Weitem am besten, während Kampfsport diese vielmehr gefährdet.

Was wie eine Ausdauerübung aussieht,
ist eigentlich ein meditatives Training, das reichlich Energie entwickelt,
die auch die inneren Organe versorgt und die Abwehrkräfte stärkt.
Fitness
Wie bereits angedeutet, wird Fitness in unserer Gesellschaft häufig mit Gesundheit verwechselt. Kraft und Ausdauer sind aber leider keine Garantie dafür, weniger zu erkranken.
Ein gestählter Körper ist ein Muss im Kampfsport, um die Schlagkraft und Widerstandsfähigkeit gegen Treffer zu trainieren. Kraftkammer und Fitnessübungen stehen am Tagesprogramm. Das Ergebnis sieht für viele schön aus, übermäßiger Muskelaufbau kann aber – aus Sicht der Traditionellen Chinesischen Medizin – zu einer Unterversorgung der Organe führen.
Im Wushu sind kraftvolle und explosive Bewegungen, gepaart mit Eleganz, das Um und Auf. Stretching und Kräftigung spielen hier natürlich ebenfalls eine große Rolle.
Viele denken, dass traditionelles Kung Fu mit qualvollen Kräftigungs- und Abhärtungsübungen einhergeht, wie man es häufig in Filmen sieht (was andernorts durchaus der Fall sein kann). Hohes Kung Fu stellt jedoch den Geist und die Entwicklung des Qi, der Lebensenergie, in den Vordergrund. Die innere Kraft, die dabei angesammelt wird, ist außerdem universell einsetzbar, also für gesundheitliche Zwecke, Ausdauer, Kraft und Konzentrationsvermögen.
Aufbauend auf ganzheitlicher Gesundheit – die übrigens Voraussetzung für den Beginn des Trainings ist und bei Bedarf zuvor mit Qi Gong erarbeitet werden kann – entwickelt sich die Fähigkeit, ausdauernd und kraftvoll kämpfen zu können. Da wir aber keine typischen Fitnessübungen dafür benötigen, ist Body-Shaping kein erklärtes Ziel.
FAZIT: Bei Körperkraft und dem Erlangen eines durchtrainierten Körperbaus liegen Kampfsport und Wushu sicherlich vorne.

Fitness und starke Muskeln
sind das A und O im Kampfsport.
Wettkampf
Wie ja der Name schon verrät, ist KampfSPORT für den sportlichen Wettkampf gedacht. Sei es mit Vollkontakt, mit dem Ziel den Gegenüber „auszuknocken“, oder auf Trefferpunkte, es geht in erster Linie um den Sieg. Zog früher das westliche Boxen die meisten Zuseher an (vielleicht ausgenommen vom amerikanischen Show-Wrestling), so ist heute MMA, also Mixed Martial Arts, mit seinen oft blutigen Käfigkämpfen am populärsten.
Wushu dient nicht für den sportlichen Wettkampf. Dadurch denke ja auch viele, dass Kung Fu-Techniken nicht im Kampf verwendet werden können (was natürlich ein Irrglaube ist, weil Kung Fu ja auf Basis von echten Kämpfen entwickelt und immer weiter verfeinert wurde).
Wettkämpfe gibt es natürlich schon, aber diese sind rein demonstrativ und die Teilnehmer:innen zeigen, wie schön und elegant sie die einstudierten Bewegungen vorführen können.
Viele Wushu-Schulen bieten jedoch auch Sanda, also chinesisches Kickboxen an, bei dem man auch lernt zu kämpfen. Dies fällt dann aber in die Kategorie der Kampfsportarten.
Klassisches Kung Fu ist nur bedingt für den Wettkampf geeignet. Es klingt zwar wie ein Klischee, dass „Kung Fu zu gefährlich ist, um es ohne Ernstfall einzusetzen“ (was viele Schulen auch als Grund anführen, warum sie keine Trainingskämpfe machen), aber es steckt schon auch etwas Wahrheit darin. Traditionelles Kung Fu beinhaltet Schläge auf Hals und Nacken, Stiche in die Augen, Hebeltechniken, um Arme zu brechen, und selbst Tiefschläge und -griffe. All diese drastischen Maßnahmen verhelfen dazu, einen Kampf möglichst rasch zu beenden. Doch, wenn all dies in einem sportlichen Wettkampf wegfällt und weitere Techniken mit Handschuhen erschwert werden, fühlt man sich als Kampfkünstler:in sicherlich etwas entwaffnet.
Viele Taktiken und Strategien würden natürlich auch im Ring funktionieren, aber hinzukommt, dass die meisten Kung Fu-Übenden traditioneller Stile eigentlich kein Interesse am sportlichen Wettkampf haben. Umso mehr genießen wir aber das kontrollierte Sparring mit klassischen Techniken untereinander.
FAZIT: Es ist logisch, dass jemand, der mehrmals die Woche ausschließlich auf den Kampf im Ring hintrainiert, besser darauf vorbereitet ist, unter Wettkampfbedingungen und -regeln gute Leistung zu erbringen, als Kampfkünstler:innen, die Kung Fu für Gesundheit und persönliches Wachstum, sowie die Selbstverteidigung ausüben.

Käfigkämpfe wie beim MMA sind populär,
aber sicher nicht jedermanns (und jederfraus) Sache.
Show
Abgesehen von der Show rund um einen Profikampf, ist Kampfsport nicht besonders ansehnlich, außer vielleicht für das geschulte Auge, das die Präzision und Ausführung bewundert.
Wushu ist eine für schöne Performance erfundene Abwandlung der chinesischen Kampfkünste, die sich ursprünglicher Techniken bedient, welche besonders elegant ausgeformt werden. Gepaart mit akrobatischen Sprüngen sind Shows und Turniere ein echter Hingucker. Es überrascht dabei nicht, dass Wikipedia als „ähnliches Thema“ Bodenturnen vorschlägt.
Traditionelles Kung Fu kann ebenfalls beeindruckend aussehen. Insbesondere Tai Chi wird oft als „Poesie in Bewegung“ beschrieben. Da die Techniken aber so ausgeführt werden, dass sie im Kampf funktionieren und größtmögliche Sicherheit und Mobilität gewährleisten, ist der Anblick nicht ganz so eindrucksvoll wie bei modernem Show-Wushu.
FAZIT: Zum Herzeigen ist Wushu sicherlich der imposanteste der drei Kontrahenten, schließlich wurde es ja auch dafür gemacht.

Modernes Wushu ist wunderbar anzusehen
und für eindrucksvolle Vorführungen gemacht.
Selbstverteidigung
Gegen ungeübte Gegner können sich erprobte Kampfsportler auch in einem echten Kampf ohne Regeln sicherlich oft gut durchsetzen. Der eigene Schutz steht in den meisten Wettkampfsportarten aber zumeist nicht im Vordergrund, sondern das Austeilen.
Dank der Schutzmaßnahmen in sportlichen Auseinandersetzungen ist das im Ring auch möglich. Auf der Straße und ohne Boxhandschuhe kann jeder erlittene Treffer aber die Niederlage bedeuten. Auch ist das Repertoire, gegen das man sich wehren kann, darauf beschränkt, was im eigenen Stil erlaubt ist.
Wer denkt, dass man sich mit modernem Wushu wehren kann, nur weil man die Techniken oft genug allein ausgeführt hat, läuft Gefahr, ein böses Erwachen zu erleben. Denn ohne systematischem Kampftraining funktionieren die klassischen Techniken nicht so spontan wie nötig.
Wer nebenbei auch Sanda, also chinesisches Kickboxen, erlernt, kann sich im Ernstfall aber wenigstens der Kampfsport-Erfahrung bedienen.
Traditionelles Kung Fu war immer schon dazu gedacht, das eigene Leben zu schützen. Sei es im Kampf gegen Räuber, im Duell oder auf dem Schlachtfeld. Die eigene Sicherheit steht dabei immer an erster Stelle. Zu siegen ist nicht so wichtig wie heil aus dem Kampf hervorzukommen. Eigentlich der Inbegriff von Selbstverteidigung.
Da Kung Fu nicht an Regeln gebunden ist (außer an Mitgefühl und dem Bestreben geringstmöglichen Schaden anzurichten), wird man methodisch auf alle Eventualitäten und Angriffsarten vorbereitet.
FAZIT: Während Kampfsport für den Wettkampf unter kontrollierten Bedingungen gedacht ist, war traditionelles Kung Fu schon immer für die Selbstverteidigung gemacht. Dabei sei aber erwähnt, dass es durchaus Jahre dauern kann, bis man es wirklich effektiv anwenden kann. Außerdem ist es wichtig, dass die jeweilige Schule über eine systematische und vollständige Herangehensweise an die spontane Anwendung verfügt.

Der Umgang mit brenzligen Situation im echten Leben
ist ein wichtiger Aspekt der traditionellen Kampfkünste.
Charakterbildung
Kampfsport, vor allem im Vollkontakt, ist auf Zerstörung ausgelegt. Wortgefechte und Geprahle im Vorfeld von Kämpfen bieten Raum für Machogehabe. Es gilt, den anderen Einzuschüchtern und den eigenen Willen unter allen Umständen durchzusetzen. Wut und Aggression sind oftmals gewünschte Gefühlsregungen, die anpeitschen sollen. Logischerweise können diese auch auf das alltägliche Leben abfärben. Positiv können sich hingegen Selbstbewusstsein und Trainingsmoral verbessern.
Ein straffes Wushu-Programm fördert sicherlich die Disziplin und Beständigkeit. Das Selbstwertgefühl steigt ebenso, wie bei jeder sportlichen Betätigung.
Auch wenn es eine im Ernstfall tödliche Kampfkunst ist, so soll traditionelles Kung Fu eigentlich zu Harmonie führen; mit sich selbst und anderen. Es liegt in der Natur der klassischen Kampfkünste, dass die meditativen Aspekte zu Ausgleich, innerer Ruhe und Gelassenheit führen. Auch sollte selbst im Kampf das Mitgefühl mit dem Gegenüber darüber bestimmen, wie drastisch man sich zur Wehr setzt – die Abwehr ist übrigens der einzige Grund, warum man Kung Fu überhaupt einsetzen sollte.
Anpassungsfähigkeit, Disziplin, Geisteskraft und Verantwortungsgefühl sind allesamt Qualitäten, die entwickelt werden und auch im alltäglichen Leben von großem Nutzen sind.
FAZIT: Kaum ein Training wirkt sich so allumfassend positiv auf unser komplettes Dasein aus wie traditionelles Kung Fu, das uns dazu verhelfen soll, zur besten Version von uns selbst zu werden.
Spirituelle Entwicklung
Natürlich können Kampfsportler:innen auch spirituell oder religiös sein. Dies wird dann halt abseits ihrer Sportausübung kultiviert.
Gleiches gilt für Wushu, wobei die Nähe zu den traditionellen Künsten sicherlich den einen oder die andere inspiriert, sich auch mit fernöstlichen spirituellen Lehren zu befassen.
Shaolin Kung Fu hingegen diente den Shaolin-Mönchen im Kloster dazu, sich für ihre langen Meditationssitzungen auf ihrem Weg zur Erleuchtung zu stärken. Auch die Ausübung selbst verschafft reichlich Energie und einen klaren Geist, welche für spirituellen Fortschritt nötig sind.
FAZIT: Wenngleich Kung Fu keine religiöse Praxis an sich ist, so unterstützt es jegliche Form spiritueller Kultivierung. Ein ziemliches Alleinstellungsmerkmal unter den unzähligen Kampfstilen.
Zusammfassung
Womit wir unsere Zeit verbringen, kann große Auswirkung auf unsere persönliche Entwicklung haben.
Wer sich ständig auspowert, wird wenig Energie für andere Dinge übrighaben. Wer sich in Aggression übt, um andere besser umhauen zu können, wird auch im Alltag eher hitzköpfig sein (hierbei gibt es natürlich Ausnahmen). Wer nur schöne Bewegungen einstudiert, wird damit nicht kämpfen können.
Darum informiere dich gut über die Trainingsart und mögliche Schulen, damit du bekommst, was du willst und brauchst.
Hier eine abschließende Übersicht, in welchen Bereichen die jeweiligen Disziplinen dir weiterhelfen können:

Das Endergebnis
Hochwertiges ursprüngliches Kung Fu vereint die Kunst zu kämpfen mit Qi Gong und Meditation.
Für mich ist es das ultimative Training, das uns auf allen Ebenen bereichert und dabei unsere Gesundheit fördert anstatt uns auszulaugen.
Was denn nun „besser“ ist, lässt sich nicht allgemein sagen. Alle Disziplinen haben unterschiedliche Stärken und Zielsetzungen.
Ich hoffe aber, dieser Beitrag gibt dir Klarheit, ein passendes Training, das deinen persönlichen Zielen entspricht, auszuwählen.
Ich wünsche dir auf jeden Fall viel Freude und Erfolg auf deinem Weg und freue mich, wenn du dir bei einer Kennenlernstunde für Shaolin Kung Fu oder Tai Chi Chuan in Wien selbst ein Bild von unserer umfassenden Ausbildung machst.

Autor: Sifu Leonard Lackinger
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Is Shaolin Kung Fu the Ultimate Training?
Artikelübersicht:
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