Prinzipien für Konter im Kung Fu


Das Vorwort sowie eine Übersicht der einzelnen Artikel dieser Serie zu Kung Fu-Prinzipien sind hier zu finden.

Der Vorteil des Verteidigers

Im Kung Fu gilt es als Vorteil den Gegner zuerst angreifen zu lassen, also auf dessen erste Attacke zu reagieren. Der Angreifer muss seine sichere Position in seiner Kampfstellung aufgeben und sich an den Gegner heranwagen. Dabei muss er die Abwehr des Kontrahenten überwinden, um die nötige Schlagdistanz zu erreichen, bis er schließlich seine Attacke durchführen kann.


Kampfstellungen

Während all diesen Schritten hat der in sich ruhende Verteidiger Gelegenheit den Gegner einzuschätzen, Öffnungen, Chancen und vielleicht sogar Fehler zu sichten. Achtet der Angreifer nicht auf alle zuvor genannten Schritte, setzt seine Füße nicht richtig oder verlagert das Gewicht falsch, händigt er vielleicht schon beim ersten Angriff den Sieg aus.

Aber selbst, wenn der Angreifer alles richtig macht, vermittelt das Training einer klassischen Kampfkunst eine große Vielfalt an verschiedenen Kontern, die den Spieß sofort umdrehen können.

Grundlegende Prinzipien für Konter im Kung Fu

Das wichtigste Prinzip eines traditionellen Kampfkünstlers ist, dass die eigene Sicherheit immer zuerst kommt. Nur weil man eine Möglichkeit sieht den Gegner ebenfalls zu schlagen, darf man es nicht riskieren selbst getroffen zu werden. Unverletzt aus einem Kampf hervorzugehen ist wichtiger als dem Anderen zu schaden.

Bevor man also zurückschlägt, sollte man stets die folgenden drei Schritte einhalten.

1. Neutralisieren
2. Absichern
3. Kontern

Zuerst muss man also den Angriff unschädlich machen. Man „leitet die Attacke in die Sinnlosigkeit“. Dies kann durch bewegen, ausweichen, ducken bzw. sinken, ableiten oder unterbrechen geschehen. Oft sind mehrere dieser Komponenten gleichzeitig im Einsatz.

Ist die Attacke neutralisiert, eigener Schaden also abgewendet, bereitet man den Konter vor. Das Blatt ist bereits dabei sich zu wenden, daher liegt es nun am Verteidiger den Sieg nicht auszuhändigen. Er deckt die Hände des Gegners ab, um ihn vom unmittelbaren Gegenschlag abzuhalten.

Erst wenn der Weg bereitet ist, folgt der Konter.

Der Gegenschlag kann auf verschiedenste Weise, anhand unzähliger Techniken, erfolgen. Diese drei Schritte sind aber immer gleich. Neutralisieren, absichern, kontern. Neutralisieren, absichern, ...

Arten von Kontern

Zuerst abwehren, dann kontern

Die sicherste und daher grundlegende Art zu Kontern ist „Zuerst abwehren, dann kontern“ (First defence, then counter).


Kung Fu Konter A1

Das Paradebeispiel hierfür findet sich in unserer ersten Kampfsequenz im Shaolin Kung Fu. Der Verteidiger weicht vor dem einkommenden Schlag zurück in den False-Leg-Stance und lehnt seinen Arm in der Pattern „Single Tiger Emerges from Cave“ auf die Schlaghand, wodurch der Schlag sanft ins Leere abgeleitet wird. Die eigentliche Verteidigung liegt hier – wie auch sonst – in den Beinen. Durch den Standwechsel kann der Schlag ihn nicht mehr erreichen.


Kung Fu Konter A2

Anschließend sichert er den Weg zum Gegner ab.


Kung Fu Konter A3

Nun erst folgt der Konter. Hier mit „Black Tiger Steals Heart“.

Verteidigung mit Konter

Einige ausgefeilte Techniken repräsentieren die Konterart „Verteidigung mit Konter“ (Defence-cum-Counter). Sehr gute Beispiele hierfür sind „Jade Girl Threads Shuttle“ aus dem Tai Chi Chuan bzw. „Double Bows Tame Tiger“ im Shaolin Kung Fu. Sie verbinden die Abwehr gleich mit dem Gegenschlag, was den Spieß sehr schnell umdrehen kann. Häufig ist dabei zum Ausweichen kein Schritt oder Standwechsel notwendig.


Kung Fu Konter B1


Kung Fu Konter B2

Dennoch wird der Angriff zuerst durch „Shen Fa“, also zurücksinken am Stand, neutralisiert.


Kung Fu Konter B3

Während das Gewicht wieder nach vorne verlagert wird, wird der Gegner „gut verpackt“ bzw. gesperrt.


Kung Fu Konter B4

Schließlich trifft der rasche, oft überwältigende, Gegenschlag ein.

Keine Abwehr, direkter Konter

Die höchste Form des Gegenschlags ist „Keine Abwehr, direkter Konter“ (No defence, direct counter). Dies klingt zunächst wie das Gegenteil des vorher beschriebenen. Nichtsdestotrotz ist bestens für die eigene Sicherheit gesorgt, wobei der Gegner bereits getroffen wird, während er selbst noch hofft einen Treffer zu landen. Wieder gilt das Prinzip „die Verteidigung liegt in den Beinen“.


Kung Fu Konter C1


Anhand der Taktik „Wenn Form vorhanden ist, schlage die Form“ (When there is form, strike the form) trifft die Handkante des Verteidigers mittels der Pattern „False-Leg Hand Sweep“ auf dem gegnerischen Arm ein, wenn die Kraft gerade verbraucht ist. Nicht um den Schlag nur zu blocken oder wegzuwischen, sondern um Handgelenk oder Ellbogen auszurenken oder gar zu brechen.

Diese Form des Konters wird bereits in unseren ersten Levels unserer Kampfkunstausbildung gelehrt. Etwas mehr Geschick und Erfahrung benötigt es Taktiken wie „Wenn es eine Brücke gibt, gehe entlang der Brücke“ (When there is a bridge, go along the bridge) anzuwenden, um direkt zu kontern.

Aber auch auf diesen höchsten Stufen des Konters, gelten stets die gleichen Prinzipien. Neutralisieren, absichern und kontern manifestieren sich in einem Guss, wodurch der Angreifer schon getroffen wird, sobald er die erste Bewegung macht.


Kung Fu direkter Konter


Um den Nachteil des ersten Angriffs auszumerzen haben sich die Kung Fu-Meister übrigens etwas überlegt, um sich zu Beginn des Kampfes nicht stundenlang gegenüber stehen zu müssen, bis einer die Nerven wegwirft und den ersten Angriff wagt. Aber dazu an anderer Stelle später mehr.


Sifu Leo

Autor: Sifu Leonard Lackinger

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