Fragen und Antworten
Ausgabe 2018-01
Shaolin Kung Fu ist reich an verschiedensten Tritten.
Hier der No-Shadow-Kick „Single-legged Hungry Crane”.
Frage 1
Es gibt so viele verschiedene Kicks. Warum hat Sigung genau diese 4 Kicks für unseren Basislehrplan für Shaolin Kung Fu ausgewählt?
- Daniel
Wie auch die vier Basisschläge, welche wir in Level 1 unseres Shaolin Kung Fu erlernen, sind auch die vier Kicks sorgfältig ausgewählt.
Die vier Schläge sind auf die häufigsten Trefferziele ausgerichtet; oben, mittig, tief und seitlich. Diese Schlagrichtungen decken etwa 90% aller Schläge ab. Natürlich gibt es auch Schläge von unten oder oben, aber diese kommen meist nicht so häufig vor. Somit erlernen wir von Anfang an 90% aller auftretenden Schläge abzuwehren. Um die restlichen 10% kümmern wir uns natürlich später auch, wobei ein bloßes Zurückweichen, welches ebenfalls gleich zu Beginn unseres Trainings erlernt wird, diese eigentlich auch sicher überstehen lässt.
Auch die vier Tritte sind nicht irgendwelche. Diese sind:
Happy Bird Hops Up Branch – Ein sogenannter Side-Kick. Ein Tritt der in jeder Kampfkunst (mit Beintechniken) vorkommt. Dieser Kick wurde besonders oft gegen Sifu eingesetzt, als er in seinen Jungen Jahren mit vielen Kämpfern verschiedener Stile Sparring machte. Schnell erkannte er, dass man dafür eine gute Antwort braucht.
White Horse Presents Hoof – ein Thrust-Kick, also nach vorne stoßender Kick. Auch dies ist ein sehr häufiger Fußtritt, der von Kung Fu bis zum Muay Thai eingesetzt wird. Der Name der Pattern lässt schon vermuten, dass er mit reichlich Übung an einen Tritt von einem Pferdehuf erinnert.
Yellow Bird Plays with Water – ein Snap-Kick, also schnappender Kick. Während der Organ-Seeking-Kick (Organ-suchender-Kick) im Kampfsport verboten ist, ist er auf der Straße und im Kung Fu gefürchtet, da er einen Kampf sehr schnell beenden oder gar tödlich enden kann. Yellow Bird ist außerdem sehr gut für einen No-Shadow-Kick (einen schattenlosen Tritt) geeignet, welcher als eine hohe Kunst im Kung Fu gilt.
Naughty Monkey Kicks at Tree – ein Whirlwind-Kick, also Wirbelwind-Tritt. So wie “Hang a Golden Star at a Corner” trifft auch der „freche Affe“ den Gegner von der Seite. Ein beliebter und beeindruckender Kick in vielen Kampfsportarten ist der Roundhouse-Kick. Auch wenn der Whirlwind-Kick in seiner Ausführung etwas anders und weniger riskant ist, so können sich jene, die ihn abwehren können, genauso gut einem Roundhouse-Kick Parole bieten.
Man sieht, dass jedes Detail unseres Lehrplans so entwickelt ist, dass man systematisch auf die wichtigsten und häufigsten Kampfsituationen vorbereitet wird.
In Level 7 kommt dann der legendäre Tiger-Tail-Kick im Zuge der Kampfsequenzen zu „Cross-Roads at Four Gates“ hinzu.
In einem Kurs, den Sifu hoffentlich eines Tages wiederholt, unterrichtete er die 36 Leg Techniques des Shaolin Kung Fu. Diese beinhalten neben so ziemlich jeder Type von Tritten auch einige interessante Beintechniken und Tricks.
„Happy Bird Hops Up Branch“,
der Side-Kick im Shaolin Kung Fu.
Frage 2
Kann man eigentlich auch zu lang Chi Flow machen?
Ich muss ihn oft abrupt stoppen, obwohl er eigentlich noch weitergehen würde und ich ihn noch gerne ein wenig länger genießen würde.
- Dagmar
Die Gesamtdauer einer Übungseinheit unseres Qi Gong sollte 10-15 Minuten nicht übersteigen. Als ungefähren Richtwert kann man rund die Hälfte der Session im Chi Flow verbringen.
Zuerst genießen wir ein paar Wiederholungen der wundervollen Übungen und nach dem spontanen Energiefluss noch eine Weile die Ruhe in der Standmeditation. Da der Chi Flow für uns die Essenz des Qi Gong ist, bekommt er somit reichlich Zeit zugeschrieben. Dennoch sollten wir es nicht übertreiben. Die Blockaden und Giftstoffe, die wir währenddessen lösen, müssen auch abtransportiert werden. Außerdem möchten wir nicht, dass übermäßige Reinigungseffekte unser Leben beeinträchtigen. Unsere Praxis ist sehr effektiv und effizient. Ein wenig Zeit müssen wir dem Reinigungsprozess aber trotzdem gewähren.
Der Chi Flow sollte nicht abrupt abgestoppt werden. Denke ein-, zweimal sanft an dein Dantian und lass die Bewegungen harmonisch ausklingen. Das kann ruhig ein paar Sekunden dauern, besonders, wenn du dich während der spontanen Phase mal etwas heftiger bewegt hast.
Frage 3
Welche Rolle spielt die eigene Intuition bei der Auswahl der Übung in den verschiedenen Entwicklungsstufen?
- Bernhard
Da die Auswahl der Übung, wie vorhin erwähnt, nicht im Vordergrund steht, sondern vielmehr der Chi Flow und die Einhaltung der drei goldenen Regeln, spielt die Intuition in diesem Fall eine untergeordnete Rolle.
Anfangs wiederholen Schüler einfach die Übungen, die sie zur Verfügung haben. Jene, die sie neu gelernt haben, häufiger.
Wenn das Sortiment gewachsen ist, üben Schüler meist die Übungen, die sie besonders gern mögen und wiederholen die anderen hin und wieder. Besonders jene Übungen, die man gar nicht mag, sollte man auch immer wieder mal machen.
Später können Schüler sich auch einfach hinstellen und - ihrer Intention folgend - die erste Übung, die ihnen in den Sinn kommt, praktizieren.
Frage 4
Halten wir beim Qi Gong den Mund wegen der Energie oder Entspannung offen?
- Elena
Ja!
Was vielen nicht bewusst ist, ist dass man die Gesichtsmuskulatur mehr beansprucht, wenn man den Mund geschlossen hält. Den Mund also leicht offen stehen zu lassen, benötigt also weniger Aufwand. Diese Entspannung verhilft auch dazu, dass man sich besser konzentrieren kann. Leider ist „Mund zu!“ eine bei uns übliche Erziehungsmaßnahme.
Der Mund ist das beste Entgiftungsorgan, wenn es um das Ausstoßen alter Energie geht. Da es im Qi Gong stets darum geht alte Blockaden zu lösen, ist es uns besonders wichtig den Mund beim Praktizieren stets geöffnet zu halten, damit diese anschließend auch gleich ausgeleitet werden können.
Ein häufiges Phänomen bei unserer Praxis ist außerdem das Gähnen, welches den Effekt der Entgiftung verstärkt. Einige Schüler berichteten, dass sie nach kräftigen Chi Flows spürten, wie sehr viel alte Energie durch den Mund ausgestoßen wurde. Eine weit seltenere Erscheinung ist es Chi zu „erbrechen“, wobei noch größere Mengen alter Energie würgeartig austreten.
In Reinigungsphasen kann es hin und wieder auch dazu kommen, dass der Atem unangenehm riecht. Das kann einerseits daran liegen, dass alte abgestandene Luft, die schon lange Zeit in der Lunge verweilte, nach draußen transportiert wird, und andererseits am hohen Anteil an abgebauten Toxinen.
Sifu Tim Franklin bei der
Qi Gong-Übung „Kopf drehen“
Frage 5
Wenn ich Kopfschmerzen habe, übe ich immer – erfolgreich – die Übung „Kopf drehen“.
Im Chi Flow danach passiert es häufig, dass mein Kopf dann spontan weiterkreist.
Ist das okay oder wird das dann schon zu viel?
- Gabi
Das ist vollkommen okay. Im Chi Flow alles erlaubt. Die Energie bringt uns in jene Schwingung, Bewegung oder Haltung, die im Moment ideal ist, um vorhandene Blockaden zu lösen.
Es ist auch naheliegend, dass das Chi in dem Bereich wirkt, welcher durch die Übung aktiviert wurde.
Genau den beschriebenen Effekt kenne ich auch aus meiner eigenen Praxis.
Ähnliche Muster zeigen sich häufig im Chi Flow und besonders im Spiel der fünf Tiere Wenn wir beim Spiel des Bären herumstapfen, um die Nieren zu aktivieren, kommt es häufig vor, dass wir auch in der nachfolgenden, spontanen Phase weiter mit den Füßen trampeln.
Das bedeutet zwar nicht, dass jeder, dessen Energie gerade die Nieren „massiert“, herumstapfen muss, es ist aber ein wiederkehrendes Muster. Eben durch diese Beobachtung und Schlussfolgerung beschrieb Hua Tuo vor vielen Jahrhunderten das Spiel der fünf Tiere. Es bezieht sich weniger auf die aktive Nachahmung von Tieren, sondern vielmehr auf die unwillkürliche Manifestation des Energieflusses in verschiedenen Organen.
Ebenso ist an den Chi-Bewegungen von Praktizierenden gut abzulesen, ob sie bei der Übung „die inneren Organe massieren“ erfolgreich sind.
Während des Übens sollten wir aber keine Gedanken haben und uns irgendwelche Diagnosen zusammenreimen. Vielmehr sollten wir unseren drei goldenen Regeln folgen: Keine Sorgen machen, nicht intellektualisieren und einfach die Praxis genießen.
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