Fragen und Antworten
Ausgabe 2017-7
Großmeister Wong Kiew Kit bewies in einem öffentlichen Experiment,
dass Energie auch über große Distanzen übertragen werden kann.
Frage 1
Kann man Chi eigentlich auch übertragen?
- Christian
Ja, das kann man und wir tun es sogar die ganze Zeit.
Alles im Universum besteht aus Energie. Somit besteht auch jede Information aus Energie. Informationsweitergabe ist daher auch eine Form der Energieübertragung.
Wenn wir also mit jemandem ein Gespräch führen, kommunizieren wir bewusst, unterbewusst und unbewusst auf verschiedenen Ebenen, physisch, mental, emotional und spirituell. Da im Gespräch ständig auch die Energie des Gesprächspartners auf uns einwirkt, kann es dazu kommen, dass wir uns danach schlechter oder auch besser fühlen.
Stärker ist der Effekt, wenn wir jemanden umarmen oder wenn eine Mutter die Wunde ihres Kindes wieder „heil küsst“.
Worauf deine Frage wohl abzielt ist aber Chi-Übertragung im wörtlichen Sinn.
Qi Gong-Heiler können ihre eigene Energie, oder besser direkt jene des Universums, in andere kanalisieren, um diese zu stärken oder Blockaden effektiver aufzulösen und auszuleiten.
In der Kampfkunst kann man andersrum vorgehen und mit Dim-Mak oder Chin-Na Energiepunkte schließen, um den Gegner kampfunfähig zu machen. Durch Schläge mit innerer Kraft kann man innere Organe beschädigen, ohne dass äußerliche Male zu sehen wären. All diese, manchmal als mystisch oder ausgestorben gedachten, Fähigkeiten sind auch heute noch in Shaolin Wahnam vorhanden.
Unser Großmeister hat vor einigen Jahren in einem öffentlichen Experiment bewiesen, dass Energie auch auf große Distanzen übertragen werden kann, indem er in Probanden, die sich in einer anderen Stadt befanden, Chi Flow-Bewegungen induzierte. Dies wurde in malaysischen Zeitungen veröffentlicht. Auch Fernbehandlungen können daher in manchen Fällen hilfreich sein.
Frage 2
Muss ich beim Tai Chi Chuan-Training jemandem wehtun?
- Blanca
Das ist eine tolle Frage, die zeigt, dass du hier genau richtig bist.
Nein, du sollst sogar niemandem wehtun!
Wir geben auf unsere Trainingspartner beim gemeinsamen Üben von Kampftechniken immer gut Acht. Schließlich wollen wir niemanden verletzen und möchten ja auch noch weiter mit den anderen üben können. Darum halten wir unsere Schläge immer ein paar Zentimeter vor einem Treffer zurück.
In traditionellem Kung Fu, wozu auch Tai Chi Chuan zählt, wird stets gute Kontrolle geübt. Daher können wir uns auch bei hoher Geschwindigkeit und Krafteinsatz rechtzeitig zurückhalten.
Ein großer Unterschied zu den meisten Kampfsportarten besteht darin, dass wir freies Sparring als Test und nicht als Trainingsmethode werten. Im Boxen macht der freie Kampf samt Vollkontakt einen großen Teil des Trainings aus, teilweise wird hier sogar härter zugelangt als im Wettkampf. Im Kung Fu wird freies Sparring mit Körperkontakt nur selten praktiziert. Es genügt dem Partner anzuzeigen, dass man ihn getroffen hätte.
Früher wurden in Kung Fu-Schulen jährliche „10 Tiger Turniere“ abgehalten, um die besten Schüler festzustellen. Hier kam es durchaus zu teils schwereren Verletzungen, die beim restlichen Training aber kaum vorkamen.
Insbesondere beim Üben gefährlicher Kampfanwendungen
geben wir gut auf unsere Partner acht.
Frage 3
Was ist der Unterschied zwischen den verschiedenen Fausthaltungen?
- Verena
Generell gilt eine horizontale Faust als extern, also durch Muskelkraft gestützt, während die vertikale Faust als intern angesehen wird, also Chi in den gegnerischen Körper schicken soll.
Natürlich spielen bei beiden Varianten sowohl interne als auch externe Aspekte eine Rolle. Da wir in Shaolin Wahnam stets dreifache Kultivierung (also für Körper, Energie und Geist zugleich) betreiben, ist der Unterschied bei uns ohnehin nicht so gravierend und auch die liegende Faust verwendet innere Kraft.
Allgemein spricht man davon, dass die liegende Faust sich in Kampfsportarten wie Karate durchgesetzt hat, um innere Verletzung bei Turnierkämpfen zu vermeiden. Innere Kampfkunststile wie Tai Chi Chuan oder Xingyiquan verwenden vorrangig die stehende Faust, die auch „Sun-Character Fist“ (ähnelt dem chinesischen Zeichen für Sonne) oder „Cup Fist“ (Tassen-Faust) genannt wird. Im Shaolin Kung Fu sind beide Arten vertreten.
Weitere Varianten der Faust sind die „Phoenix Eye Fist“ (Auge des Phönix-Faust) und die „Elephant Fist“, bei denen das erste Glied des Zeige- bzw. Mittelfingers hinausgestreckt wird. Diese Fausthaltungen werden verwendet um Vitalpunkte des Gegners zu treffen.
Frage 4
Können Blinde auch Qi Gong erlernen?
- Alexandra
Ja, auch Blinde können Qi Gong lernen. Da die Anweisungen der Bewegungen etwas detaillierter als bei Sehenden sein müssen, auch weil man nicht einfach Vorzeigen kann, sollte dies idealerweise zumindest anfangs in einer separaten Klasse oder im Privatunterricht erfolgen. So kann man bei der Ausführung der Techniken anfangs auch physisch mithelfen.
Nachdem Sicherheit bei uns immer an erster Stelle steht, sollten Blinde bei der Praxis zuhause besonders auf ein gefahrloses Umfeld achten, damit sie ihren Chi Flow gut ausleben können. Im Zweifelsfall sollten sie den Chi Flow lieber klein halten.
Ich erinnere mich an eine interessante Erfahrung. Bei einem Vortrag zu Qi Gong im Wiener Rathaus hatte das Publikum die Möglichkeit Qi Gong kurz mit mir auszuprobieren. Nach dem Vortrag kam ein blinder Teilnehmer auf mich zu und bedankte sich bei mir. Er konnte der Anleitung wunderbar folgen und seine starken Schmerzen im Rücken, die ihn schon lange plagten, waren plötzlich verflogen.
Sifu Leonard Lackinger bei einem
Vortrag zu Qi Gong im Wiener Rathaus.
Foto-Credit Alexandra Kromus
Frage 5
Was sind die Unterschiede und Gemeinsamkeiten zwischen an nichts denken beim Üben, beobachten und komplett keiner Information?
- Bernhard
An „nichts denken“ heißt, dass man Gedanken nicht aktiv verfolgt.
Beobachten ist eine aktive, einsgerichtete Tätigkeit, die in anderen Meditationsformen eingesetzt wird (z.B. Samadha, Vipassana). Wahrnehmen ohne zu bewerten ist normal und auch bei uns vollkommen okay.
„Komplett keine Information“ würde schließlich zu „aller Information, die es gibt“ führen, also zur Erleuchtung.
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